Projektfähigkeit: Die Umgebung macht´s! - Michael G. Schmidt

Projektfähigkeit: Die Umgebung macht´s!

„Der Chef hat gesagt, wir sollen uns zuerst um die Aufgaben aus unserer Kerntätigkeit kümmern! Sie haben die höchste Priorität“ Das sind die Worte, die das Fass zum Überlaufen bringen. Es folgt ein Konfliktgespräch zwischen dem Projektleiter und den Bereichsleitern. Wer hat hier das Sagen? Ein ungleicher Kampf: Der Projektleiter kündigt sein Mandat. Die Mitarbeiter bleiben frustriert zurück, völlig im Dunklen, was nun zu tun ist, ohne konkrete Vorgaben oder Ansagen. Also konzentrieren sie sich fortan wieder auf ihre Haupttätigkeit, während das Projekt allmählich versandet … Projekt gescheitert.

Ich wünschte, ich könnte Ihnen sagen, dieses Erlebnis wäre ein Einzelfall in meiner Arbeit mit Unternehmen. Aber leider erlebe ich dieses Szenario häufig. Das ist der Punkt, an dem die Geschäftsleitung auf mich als gelegentlicher Krisenmanager für Projekte zukommt und sich über ihre Mitarbeiter, die das Projekt verkümmern lassen, beschwert. Und der ehemalige Projektleiter, der wäre ja schlichtweg unfähig gewesen! Diesen Zahn möchte ich Ihnen direkt ziehen und stattdessen zeigen, auf was es wirklich ankommt, damit Ihr Projekt eben nicht scheitert …

Projektleiter: … übernimmt die Leitung des Projekts

Wenn ich eine Erfahrung in über 20 Jahren Projekttätigkeit gemacht habe, dann die: Es liegt fast nie am Projektteam alleine, wenn ein Projekt scheitert. Sondern viel häufiger an den Rahmenbedingungen bzw. an der direkten Projektumgebung.

Und für die richtigen Rahmenbedingungen im Unternehmen sorgen Sie als Geschäftsführung. Sie holen sich die besten Projektleiter ins Unternehmen, bezahlen Ihnen vermutlich ein gutes Gehalt. Doch dann erlebe ich häufig, wie die Linienorganisation die Arbeit der Projektleitung meist unbewusst regelrecht sabotiert. Zum Beispiel, indem sie an Projektleitung und Lenkungskreis vorbei in das Projekt eingreift, den Mitarbeitern andere Aufgaben aufträgt oder die Prioritäten ändert. Aber es ist nicht egal, wie und in welcher Reihenfolge Aufgaben innerhalb eines Projekts erledigt werden!

Das ist wie beim Hausbau: Wenn Sie noch nicht fertig gemauert haben, können Sie nicht schon den Dachstuhl auf die Etage zimmern. Diesen Überblick über die Reihenfolge der einzelnen Schritte behält der Projektleiter. Er sorgt dafür, dass das Projekt läuft. Das Management darf sich hier zurücknehmen – ihre Aufgabe ist es, diesen Showroom, den sicheren Rahmen für dieses Projekt und die Verfügbarkeit der erforderlichen Ressourcen zu gewährleisten. Im Übrigen gilt das nicht nur für das Management, sondern auch für einige „Silberrücken“ im Unternehmen: Die Mitarbeiter, die schon jahrelang dabei sind, die „wissen, wie der Hase läuft“. 

Das Projekt: ein autarkes System

Das Projekt ist ein eigenes System im Unternehmen mit einer eigenen Organisationsstruktur. Und jedes Projekt birgt neue Überraschungen. Meistens unbekannte. Ein Projektleiter profitiert nicht nur von Erfahrungswerten, sondern auch von Methodenkompetenz und er benötigt ein entsprechendes Empowerment durch die Geschäftsleitung. Schaffen Sie als Geschäftsführung also die Freiräume, die die Projektleitung benötigt, um das Projekt erfolgreich umzusetzen. Das ist die Challenge.

Denn so gegensätzlich die standardisierten Unternehmensprozesse und die agilen Projekte auch sind, gehen sie Hand in Hand. Im besten Fall natürlich im Einklang mit der übergeordneten Unternehmensstrategie. Deswegen muss die konkrete Zielsetzung jedes Projekts klar von der obersten Führung kommuniziert und auch abgeprüft werden – in Zusammenarbeit mit der ausgebildeten Projektleitung.

Wie fähig ist Ihr System?

Freiräume zu schaffen bedeutet auch, Fokus zu bewahren. In vielen Organisationen herrscht ein regelrechter Projekte-Marathon. Hier ist die Frage: Wie viele parallele Projekte verträgt Ihre Organisation? Wie viel können Ihre Mitarbeiter stemmen? 

Wenn wenige Mitarbeiter in vielen Projekten gleichzeitig stecken, passiert etwas, das Sie und ich wohl ebenfalls kennen: Die eine Arbeit an Projekt X wird unterbrochen für ein Meeting zu Projekt Y, um dann einen Anruf für Projekt Z entgegenzunehmen. Klassisches context switching. Die Folge: Die Performance geht steil nach unten. Worst case: Die besten Mitarbeiter – klar, die sollen idealerweise überall dabei sein – werden am schnellsten verheizt.

Denn viele Unternehmen vergessen: Projekte sind echte Zeitfresser! Projektarbeit bedeutet Arbeitszeit. Arbeitszeit von den besten Mitarbeitern. Von den Top Performern, den Erfahrenen, die das Unternehmen in- und auswendig kennen, die einschätzen können, was welche Veränderungen bewirken. Das sind gewöhnlich die Leute, die ohnehin einen vollen Terminkalender haben.

Es zahlt sich also aus, vorab eine Strategie zu entwickeln, Prioritäten zu setzen und die Projekte möglichst untereinander besser koordiniert abzuarbeiten oder zusätzliche Ressourcen und Kompetenzen im Unternehmen zu schaffen. In der Summe bleibt die zu leistende Arbeit die gleiche, wird aber in jedem Projekt schneller und effizienter geleistet – was letztlich den Durchsatz erhöht und zu kostengünstigeren Projekten führt. Dies wiederum wirkt sich unmittelbar auf die Bottom-Line aus … Projekte erfolgreich!

Ihr Michael G. Schmidt

P.S. „Nie wieder gescheiterte Projekte“ – noch mehr Tipps und Erfahrungswerte rund um erfolgreiche Projekte, gebe ich Ihnen in meinem Vortrag. Den Link finden Sie hier:

https://michael-g-schmidt.de/vortrag/ 

 

 

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