Welche Unternehmensstrategie ist die richtige - Michael G. Schmidt

Straßenkarte oder Navi? Mit welcher Unternehmensstrategie kommen Sie zum Ziel?

Wenn ich früher privat oder geschäftlich mit dem Auto unterwegs war, habe ich mir schon am Abend vorher die Straßenkarte geschnappt, die Strecke herausgesucht, mir die wichtigsten Wegmarken eingeprägt oder auf einen kleinen, übersichtlichen Zettel geschrieben. Dann erst konnte es losgehen. Die Straßenkarten mussten natürlich immer wieder aktualisiert werden und deshalb war es ein gutes Geschäft, solche Karten herzustellen.

Dann kamen die Navis. Und die Kartenhersteller hatten ein Riesenproblem.

Warum ich Ihnen das erzähle? Aus zwei Gründen. Erstens sind die Navis ein klassisches Beispiel für eine disruptive Marktveränderung. Die letzten Jahrzehnte haben viele solcher disruptiven Änderungen gesehen. Und es werden sehr sicher noch mehr kommen. Die Anzahl und Häufigkeit von Veränderungen nimmt permanent zu. Und was proportional damit steigt, das ist die Zeit, die Sie als Unternehmer damit verbringen müssen, auf diesen permanenten Change zu reagieren.

Zweitens: Sie können ihr Unternehmen heute nicht mehr anhand einer Strategie navigieren, die – wie eine gedruckte Straßenkarte – nur alle ein oder zwei Jahre auf den neuesten Stand gebracht wird. Sie brauchen ein Navi, das auf jeden Stau, jede Sperrung, jede Veränderung sofort reagiert und dann zwar nicht ihr Ziel, wohl aber den besten Weg dahin neu berechnet.

Was ist Ihre Unternehmensstrategie?

Viele CEOs und andere Führungskräfte, mit denen ich spreche, klagen darüber, dass sie viel zu viel Zeit mit diversen Change-Projekten verbringen. Und sie müssen nicht nur auf Marktveränderungen, sondern auch auf gesellschaftliche und politische Veränderungen reagieren. Sie kommen aus dem Aufsetzen immer neuer Change-Projekte kaum noch heraus. Und an dieser Stelle kommt erschwerend hinzu, dass 70 Prozent aller Projekte scheitern. Weil sie teurer werden als geplant. Weil sie nicht die geplante Verbesserung bringen. Weil sie länger dauern als kalkuliert und sich in dieser Zeit wieder die Verhältnisse so geändert haben, dass die Lösungen, in Teilen nochmals angepasst werden müssen – und sich der Abschluss des Projekts damit weiter verzögert.

Um es gleich zu sagen: Sie werden die externen Veränderungen und Herausforderungen weder ignorieren noch beeinflussen noch ihnen ausweichen können. Aber was Sie beeinflussen können, das ist die Projektfähigkeit Ihres Unternehmens, die Sie zu einem wichtigen Baustein Ihrer Unternehmensstrategie ausbauen sollten. Denn dass so viele Projekte im eben beschriebenen Sinne scheitern, ist kein Naturgesetz. Sie können Ihr Unternehmen so aufstellen, dass es für Veränderungen gewappnet ist, dass es effektiver und effizienter auf sie reagieren kann, dass es flinker agieren kann und nicht Spielball des Drucks von außen bleibt. Und dazu müssen Sie sich zuerst einmal eine ganz entscheidende Frage stellen: Was ist denn Ihr Ziel?

Fahren Sie immer auf Sicht!

Ich stelle diese Frage meist ganz zu Anfang, wenn ich in ein Unternehmen gerufen werde. Und die Antwort, die ich dann ganz oft höre, ist: „Natürlich wissen wir, wohin wir mit unserem Unternehmen wollen! Wir wollen die Marktführer in unserer Branche werden. Wir wollen, dass die nächste disruptive Innovation aus unserem Haus kommt.“ Selbstverständlich haben die meisten Unternehmer eine Strategie oder zumindest ein Ziel, das sie erreichen wollen. Aber was vielen fehlt, wie ich aus meiner langjährigen Erfahrung sagen kann, ist ein strukturierter Weg, der – mit all den vielen kleinen Abhängigkeiten von Dingen in- und außerhalb der Organisation – zu diesem Ziel führt. Mit anderen Worten: Viele Unternehmen haben keinen Strategieprozess. Ihnen fehlt eine strukturierte Unternehmensstrategie.

Dabei geht es nicht nur darum, ein strategisches Ziel zu definieren, Sie müssen auch die einzelnen Etappen vom Ist-Zustand hin zum Soll-Zustand festlegen – und immer wieder prüfen: ,Führt mich dieser Weg noch in die richtige Richtung? Oder muss ich einen etwas anderen Weg einschlagen?’ Sie brauchen eine Strategiekarte, die Sie immer wieder in Teilen umschreiben und anpassen müssen. Kurz: Sie müssen ein Navi sein.

Denn so wie ein modernes Navi auf aktuelle Staus, auf Straßensperrungen, auf veränderte Verkehrsführungen immer sofort reagiert und Ihre Route ändert, so müssen auch Sie von Etappe zu Etappe immer wieder schauen: Führt der Weg noch dahin, wo ich hin will? Hat sich auf dem Markt etwas verändert, wodurch sich auch meine Route, meine Teiletappen, vielleicht sogar einzelne Strategieziele ändern müssten? Steht meine Finanzierung im Unternehmen noch so, dass ich weiter auf der Mautstraße fahren kann, oder muss ich einen Weg über die Landstraße suchen? Dabei prüfen Sie zuerst einmal immer die nächsten Etappenziele im Detail, also ihre kurzfristigen Ziele: Sind die von der externen Veränderung tangiert oder nicht? Die längerfristigen Ziele nehmen Sie dann eher auf einer höheren Abstraktionsebene in den Blick.

Auf diese Weise wird Ihre Strategiekarte zu Ihrem wesentlichen Handwerkzeug, mit dem Sie erkennen können, ob und wenn ja, wie stark eine Veränderung im Außen oder innerhalb Ihrer Organisation Ihre kurz- und langfristigen Ziele beeinflusst. Ihre Strategiekarte löst nicht automatisch all Ihre Probleme, sie allein macht Ihr Unternehmen noch nicht flink und agil. Aber mit ihrer Hilfe erkennen Sie, welches Change-Projekt für Sie wichtig ist – und welches eher nicht. Und mit ihr zu arbeiten, ist ein wesentlicher Meilenstein auf Ihrem Weg in die Projektfähigkeit.

Mit der guten alten gedruckten Straßenkarte aber kommen Sie vermutlich nicht ans Ziel.

Ihr

Michael G. Schmidt

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